Wie gewonnen so zerronnen? – Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) beschließt Streichung jedes fünften, neugewonnenen Praxissitzes in Ostdeutschland

In Ostdeutschland warten psychisch kranke Menschen durchschnittlich 14 bis 19 Wochen auf ein erstes Gespräch bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten. Deshalb war geplant, vor allem in den ländlichen Regionen von Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen deutlich mehr Psychotherapeuten zuzulassen. Dafür sind derzeit 237,5 zusätzliche Praxissitze für Psychotherapeuten in Ostdeutschland ausgeschrieben. Davon plant der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) jedoch wieder jeden fünften Sitz zu streichen. Nach Berechnungen der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer (OPK) können 48,5 von 237,5 ausgeschriebenen neuen Sitzen der G-BA-Entscheidung zum Opfer fallen (siehe Karte).

Grund ist ein Beschluss des G-BA vom 17. April 2014, der zurzeit vom Bundesgesundheitsministerium geprüft wird. Danach verringern zukünftig psychiatrische Institutsambulanzen die Anzahl der zugelassenen psychotherapeutischen Praxen. Zwei psychiatrische Institutsambulanzen sollen wie eine psychotherapeutische Praxis gerechnet werden. Psychiatrische Institutsambulanzen versorgen jedoch andere Patienten als psychotherapeutische Praxen und behandeln ihre Patienten auch anders.

„Der G-BA weiß, dass psychiatrische Institutsambulanzen und psychotherapeutische Praxen unterschiedliche Patienten versorgen. In der Regel verfügen die psychiatrischen Institutsambulanzen nur über ein sehr eingeschränktes psychotherapeutisches Angebot. Krankenhausambulanzen können psychotherapeutische Praxen nicht ersetzen“, stellt OPK-Präsidentin Andrea Mrazek fest. Zudem reagierte die Präsidentin mit großem Unverständnis und befremdet auf den Beschluss des G-BA als höchstes Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung. Die OPK fordert das Bundesministerium für Gesundheit deshalb auf, den Beschluss des G-BA zu beanstanden.

„Die Verbesserungen, für die wir uns solange eingesetzt haben, kommen gerade in Fahrt und nun wird dieser ICE – bildlich gesehen – wieder voll ausgebremst“, resümiert Andrea Mrazek. „Das ist ausgesprochen schade. Mit den vollen zusätzlichen Praxissitzen hätten wir vorerst einen guten Stand der ambulanten Versorgung von Patienten aufbauen können. Wir arbeiten zurzeit an Strukturverbesserungen der Versorgung in den ländlichen Regionen. Das wäre eine solide Basis gewesen. Den G-BA-Beschluss bedauere ich zutiefst.“

Psychiatrische Institutsambulanzen sind Ambulanzen in Krankenhäusern, die psychisch kranke Menschen behandeln sollen, die wegen der Art, Schwere oder Dauer der Erkrankung nicht ausreichend in ambulanten Praxen versorgt werden können. Patienten erhalten in psychiatrischen Institutsambulanzen selten psychotherapeutische Einzeltherapie von 50 Minuten, sondern vor allem Kriseninterventionen, Erhaltungstherapie, Psychoedukation und Fallmanagement. Für eine Richtlinienpsychotherapie reicht die Vergütung meist gar nicht aus.

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