Die nachfolgende Abbildung gibt einen Überblick über die zum 1. Juli 2013 von der KV Thüringen durch die Veränderung der Bedarfsplanung neu ausgeschriebenen Sitze. Thüringen ist ein Land mit einem großen Anteil an Planungsbereichen, die der Versorgungszone 5 zugeordnet werden. Das führte dazu dass in 9 von 20 Planungsbereichen der Versorgungsgrad unter 110 Prozent gerutscht ist und damit eine Öffnung der Bereich erfolgte. Es wurden so viele Sitze ausgeschrieben, wie notwendig sind, um den Versorgungsgrad von 110 Prozent wieder zu erreichen. Insgesamt waren es in Thüringen zum 1. Juli 2013 49 Sitze. Auf diese Sitze konnten sich alle drei Facharztgruppen bewerben, die zu diesen Planungsgruppen gehören (ärztliche Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten). Ab Sommer 2013 konnte sich auf die ausgeschriebenen Sitze beworben werden.
Aus den Zahlen ist auch zu erkennen, dass die Planungsbereiche, welche nicht dem Versorgungsbereich 5 angehören, von der Reform nicht profitiert haben – auch wenn es sich hier um ländliche Kreise handelt. Diese werden aber eher dem Versorgungstyp 3 und 4 zugeordnet. Dort gab es keine wesentlichen Veränderungen der Verhältniszahlen. Gleiches gilt für die Zentren.
Eine weitere Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinie zum 1. Januar 2014 führte zu einer zweiten Welle von neuen Sitzen. Hintergrund war, dass Sitze für ärztlichen Psychotherapeuten bis zu diesem Zeitpunkt als besetzt in der Bedarfsplanung eingerechnet wurden, obwohl sie dies nicht waren. Seit Januar 2014 werden nur noch die tatsächlich besetzten Sitze mitgerechnet. Das ergab wiederum eine Absenkung des Versorgungsgrades und neue Sitze für die Psychologischen Psychotherapeuten. Somit waren zum 1. Januar 2014 16 von 20 Planungsbereichen unter den Versorgungsgrad von 110 Prozent gerutscht.
Die letzten Zahlen vom 17. März 2015 zeigen, dass innerhalb der letzten 12 Monate von den 50 Sitzen nur noch 12 Sitze frei sind. 4 von 20 Planungsbereichen haben mittlerweile wieder einen Versorgungsgrad von über 110 Prozent. Außer Mansfeld-Südharz und Altmarktkreis-Salzwedel sind die anderen Kreise bei 110 Prozent bzw. kurz davor.
Die hinzugewonnen Sitze stellen eine Verbesserung der Versorgung vor allem in den ländlichen Regionen dar. Psychotherapeuten die sich neu in den Regionen niederlassen, berichten jedoch davon, dass ihre Praxen innerhalb kürzester Zeit ausgebucht sind. Auch neueste Umfragen zum Thema Wartezeiten zeigen noch keine Veränderung bei der Wartezeitenproblematik. Eine aktuelle Studie der Zeit (28/2014) zeigt, dass in Thüringen 39 bis 44 Prozent der Patienten 6 Monate nach dem ersten Anruf noch keine Therapie begonnen haben.
Die nicht ausreichende Versorgungslage mit Psychotherapeuten findet sich auch in einer Studie der BARMER GEK von 2014 wieder. Demnach nimmt in Thüringen 45 Prozent weniger Erwerbstätige eine Psychotherapie in Anspruch als im deutschlandweiten Durchschnitt. Ursachen sind u.a. die schlechte Versorgung mit Psychotherapeuten in den ländlichen Regionen. Dieses Bild findet sich in allen ostdeutschen Bundesländern. Grund dafür ist, da falsche Bedarfsplanung aus dem Jahr 1999. Damals wurde der vorhandene IST-Bedarf zum SOLL-Bedarf erklärt. Aus historischen Gründen gab es in den ostdeutschen Bundesländern keine gewachsene Struktur mit niedergelassenen Psychotherapeuten.
In den nächsten Jahren werden die Aktivitäten zur Verbesserung der Bedarfsplanung weiter fortgeführt werden, aber dies ist nicht ausreichend, vielmehr werden auch Veränderungen in der Versorgung der Menschen notwendig sein. So bedarf es einer flexibleren Versorgungsstruktur im ambulanten Bereich, aber auch einer verbesserten Zusammenarbeit der verschiedenen Sektoren. So wird aktuell auf politischer Ebene über Befugniserweiterungen diskutiert. Im aktuellen Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz wird für Psychologische Psychotherapeuten die Möglichkeit eingeführt eine Sprechstunde in ihrer Praxis durchzuführen. Ziel des Bundesgesetzgebers dabei ist es, eine Flexibilisierung der Versorgung zu erreichen und für eine Entspannung in der Versorgung zu sorgen.